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Viel Energie auf dem LILIENBERG

Datum: 23.02.2024

Der erste KEEST Evening Flash vom 21. Februar 2024 auf dem Lilienberg war ausverkauft – und ein grosser Erfolg: Über 120 KMU-Unternehmer aus Gewerbe, Industrie und Finanzwirtschaft sowie weitere Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft folgten der Einladung. Das Thema, aktuell und bedeutsam wie nie zuvor: Vollzug des Gross-Verbraucher-Artikels (GVA) sowie Herausforderung Treibhausgas-Bilanzierung und Reduktion des CO₂-Fussabdrucks im Unternehmen.

Das revidierte Gesetz über die Energienutzung (ENG) ist seit dem 1. Juli 2020 in Kraft. Unternehmen mit einem Stromverbrauch von mehr als 200 MWh pro Jahr sind angehalten, ihren Energieverbrauch zu analysieren und zumutbare Massnahmen zur Verbrauchsreduktion zu treffen. Dies auch vor dem Hintergrund wachsender Verpflichtungen, Treibhausgas-Bilanzierungen zu dokumentieren und entsprechende CO₂-Absenkpfade festzulegen.

In seinem Impulsreferat beleuchtete Regierungsrat Walter Schönholzer die Umsetzung des Energiekonzepts Thurgau und die daraus anstehenden Herausforderungen. Weg von Öl und Gas – Dekarbonisierung – und Strom aus erneuerbaren Quellen bedeutet für die Wirtschaft und Gesellschaft mehr Versorgungssicherheit, mehr Unabhängigkeit von teuren Energieimporten, was letztlich zu mehr Nachhaltigkeit führt.

Wertschöpfung bleibt im Thurgau

Es gilt, angesichts der fortschreitenden vermehrten Elektrifizierung von Prozessen, das Potenzial bei den Erneuerbaren in der Produktion - Photovoltaik, Geothermie, Windkraft aber auch Biomasse - konsequent auszubauen. Damit bleibt die Wertschöpfung im Thurgau. Die sauberste und günstigste Energie, so Schönholzer, ist die, die gar nicht erst verbraucht wird.

Andrea Paoli, Leiter Amt für Energie, erläuterte den Vollzug des GVA im Rahmen des Gesetzes über die Energienutzung § 14 sowie der Energienutzungsverordnung § 22. Dabei geht es um die Verpflichtung zur Optimierung des Energieverbrauchs im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren. KMU sind angehalten, bis Ende 2024 mitzuteilen, ob sie die Verpflichtungen mittels einer Universal-Ziel-Vereinbarung (UZV) mit dem Bund oder durch eine Energie-Verbrauchs-Analyse (EVA) mit dem Kanton erfüllen wollen. Mitte 2025 läuft die Frist für das Einreichen einer gültigen UZV oder EVA ab.

Claudio Bock, Berater der Energie-Agentur der Wirtschaft EnAW, illustrierte in seinem Beitrag die Vorgehensweise bei der Erarbeitung einer UZV. Er wies auf die Möglichkeiten hin, allenfalls von Befreiungen von der CO₂-Abgabe und/oder von der Rückerstattung des Netzzuschlags profitieren zu können, wenn gewisse Vorgaben erfüllt werden.

Netto null bis 2050

Andreas Rothen, Geschäftsführer der act Cleantech Agentur Schweiz, informierte über die aktuellen Rahmenbedingungen des Bundes, insbesondere das Klima- und Innovationsgesetz (KIG). Das Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und Stärkung der Energiesicherheit sowie das CO₂-Gesetz, das Bundesgesetz über die Verminderung von Treibhausgasemissionen, vermehrten die Verpflichtungen der Wirtschaft zur Bilanzierung der Treibhausgase. Fokus der beiden Bundesgesetze ist Netto null bis 2050. Sie bewegen nachhaltig unsere Wirtschaft, Gesellschaft und Politik und werden voraussichtlich per 1. Januar 2025 in Kraft treten.

Andreas Koch, Geschäftsführer KEEST, erklärte im Detail die zwei möglichen Wege (UZV oder EVA) im Vollzug des GVAs in der Praxis. Im Weiteren erläuterte er, dass die Verpflichtungen zur Treibhausgas-Bilanzierung vor allem seitens von Kunden auf Zulieferbetriebe in der Lieferkette zukommen, so Koch.

Bei der Treibhausgas-Bilanzierung geht es um die Beurteilung der gesamten Wertschöpfungskette in den sogenannten Scopes 1, 2, 3, mit dem Ziel, im Unternehmen zum einen den CO₂-Fussabdruck festzustellen und zum anderen den CO₂-Fussabdruck absolut zu reduzieren, im Gegensatz zum GVA, wo eine relative Steigerung angestrebt wird – die Energie-Effizienz.

Wird ein Unternehmen von Kunden dazu verpflichtet, SBTi-Ziele (science based targets initiative) zu formulieren, so ist die Zwischenzielsetzung äusserst anspruchsvoll, die Reduzierung der CO₂-Last im gesamten Unternehmen inklusive Tochtergesellschaften um die Hälfte bis 2030. Das KEEST unterstützt und begleitet KMU in all diesen Herausforderungen als ONE-STOP-SHOP, und das neutral, weil das KEEST weder mit Fachplanern noch Ingenieur-Büros verbandelt ist und somit «alles auf den Tisch bringen kann», so Koch.

Lieferketten haben den grössten Einfluss aufs Klima

Pascal Freudenreich, CEO von Carbon Connect AG, erklärte die systematische Berechnung der Treibhausgas-Emissionen, welche direkt und indirekt mit einer bestimmten Tätigkeit verbunden sind. Die Bilanz ist immer der erste Schritt in Richtung Klimaneutralität und die Grundlage für eine Klimastrategie mit entsprechendem Absenkpfad. Er zeigte eindrücklich auf, dass die Lieferketten in der Regel einen drei- bis viermal grösseren Einfluss auf das Klima haben als die jeweilige Produktion vor Ort.

Auf dem Podium, unter der Moderation von Christoph Lanter, berichtete die Unternehmerin Michaela Lüthi-Gamper, Inhaberin von Gamper Gemüsekulturen, einer namhaften Produzentin von Freilandgemüse und insbesondere Chicorée, von ihren positiven Erfahrungen mit dem KEEST im Vollzug des GVA und bei der Treibhausgas-Bilanzierung.

Sie schilderte eindrücklich die Aufforderung seitens Migros an ihre Zulieferbetriebe, ab 2026 CO₂-frei zu produzieren, ansonsten sei eine Lieferung nicht mehr möglich. Andreas Koch und Pascal Freudenreich berichteten über die entsprechenden Tätigkeiten in der Zusammenarbeit mit Gamper Gemüsekulturen.

Der anschliessende Apéro riche, offeriert vom Lilienberg, wurde rege zum «Networking» genutzt.

Fotos zum KEEST-Evening Flash